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Auf, gen Italien - auf die Genitalien (nicht Jugendfrei!)

Mi
06
März
2013

Wenn der Winter zu lang wird, verbringen wir gerne etwas Zeit in wärmeren Gegenden. Diesen Februar zog es uns wieder einmal nach Sardinien - eine Insel, die zu dieser Zeit im Winterschlaf steckt und Abseits der Touristenstrände erholsame Tage und authentisches Leben garantiert. Sardinien ist so eigenwillig wie das Vogtland - wunderbare Natur, Menschen die traditionsbewusst aber weltoffen sind.

Vor ein paar Jahren entdeckten wir im Winter Sardinien für uns. Und wir erlebten dort in den Bergen Karnevalstraditionen, die auf vorchristliche Rituale des Winteraustriebs zurück gehen. Die Sarden sind ohnehin ein eigenwilliges Inselvolk - es ist nur wenige Jahrzehnte her, dass berittene Banden die schnaufenden Kleinbahnzüge abpassten und jeden Reisenden gründlichst plünderten. Fehden zwischen Familien oder Dörfern wurden Ewigkeiten ausgetragen - wie man unschwer an zerschossenen Ortsschildern sehen kann, sind die Sarden mit ihren vier verschiedenen Sprachen noch heute Lokalpatrioten. Aber genauso lebensfroh, achtsam und mit verschmitztem Humor versehen, leben die Sarden. Je weiter man von den Tourismusgebieten weg ist, je in sich ruhender die Traditionen. Und mit Glück kann man als offenherziger Reisender Teil haben am Alltag der Sarden.

Wir waren in den letzten zwei Wochen des traditionellen sardischen Karnevals auf der Insel und fuhren die Bergdörfer ab, die für ihre ursprünglichen Traditionen bekannt und auch bei den Italienern beliebt sind. Bei unserer letzten Reise landeten wir z.B. in einem Bergstädtchen, in dem seit den 50-er Jahren fast jeder Dritte Bewohner für begrenzte Zeit nach Deutschland als Gastarbeiter ging. Und aus dieser Zeit gibt es ein neues Volkslied - es besteht nur aus gesungenen deutschen Markennamen. Es klingt opulent wie Beethovens 9. und inbrünstig wird "Volkswahaahaagen, Teleeeeehefuuunkäään, Grrrrrrruuuuundich" besungen wie bewundert.

Aber dieses Jahr ist es noch kurioser: Wir landen in einem strandnahen Kleinstädtchen - eine Mischung aus venezianisch morbidem Charme und Quedlinburger Mittelalterlichkeit. Dort gibt es eine der verrücktesten Spielarten des sardischen Karnevals, der trotz der katholischen Dominanz sehr frivol überlebt hat. Denn: Am Tage verkleiden sich Männer wie Frauen in schwarze Witwenkleidung und führen symbolische Babys mit sich. Sie flehen die Passanten um einen Schuss Milch für die Babys an, deren Mütter zum Karneval feiern auf und davon sind. Am Abend dagegen sind alle Karnevalisten in reinstem weiss gekleidet und feiern den Abschied vom letzten Tag des Karnevals - in dem sie laut GIOOOOOOLZIIIII rufen und mit beleuchteten Nachttöpfen oder alten Laternen bevorzugt bei Frauen unter den Röcken nach dem verschwundenen Karneval suchen. Denn sie sind sicher: Der Karneval kann sich das ganze Jahr über nur in den Genitalien verstecken! Alle Sünden des Karnevals werden symbolisch, als lebensgroße Puppen, in der letzten Karnevalsnacht dem Feuer übergeben. Und der Karneval schlummert für ein Jahr lang in den Genitalien. Also, auf gen Italien! Wer als Erste/r die Stadt errät, in der diese einzigartige Version des Karnevals gefeiert wird, bekommt eine Freikarte oder eine kleine Grafik von Ines - Mail genügt!

Und so sieht es aus, wenn Giolzi bei Ines entdeckt wird:

von Mario Falcke 06.03.2013, 04:55 h


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